Donnerstag, 30. April 2009

Halbzeit

Heute habe ich „Halbzeit“ – die ersten drei Monate meiner Be­ur­lau­bung sind schon um. Wie schnell das geht! Gehe morgens erst mal eine runde walken (ich möchte ja nicht aus der Form geraten). Später begebe ich mich auf die Suche nach Gardinenstoff.

Brunnenspiele
Wie an jedem Tag steht auch heute wieder der alte Mann mit seinem Akkordeon in der Fußgängerzone. Er spielt von morgens bis abends. Was mag er wohl schon alles erlebt haben? Akkordeonspieler in Rostock
In der Innenstadt werde ich nicht so recht fündig. Also schwinge ich mich aufs Rad und fahre zu Ikea (da habe ich ja gleich noch mal ein bisschen Bewegung). Mit Stoff und farblich dazu passender Kissen­hülle geht es zurück an Bord. Jetzt wird genäht! Die Zeit vergeht da­rüber wie im Nu. Der Tag war wieder einmal viel zu kurz.

Mittwoch, 29. April 2009

Botschaften

Schon wieder Sommerwetter – ich kann`s kaum glauben. Ich spa­zie­re in Rock und T-Shirt stundenlang kreuz und quer durch die Stadt (und das im April!). Kaufe mir ein schönes pinkfarbenes Por­te­mon­naie. Nun habe ich leider kein Geld mehr, das ich dort hineintun könnte...

Abendstimmung im Rostocker Stadthafen OstTelefoniere mit Michel. Meine Tante Janneke möchte mich eine Weile begleiten. Sie kommt am Samstag. Das bedeutet, dass ich hier in Rostock auf sie warten werde. Da habe ich ja noch etwas Zeit in dieser schönen Stadt. Abends krame ich die Nähmaschine hervor. Nähe eine neue Gardine für die Küche.

P.S. an Griet: Ich zieh einfach meine roten Pumps an, daran könnt ihr mich dann erkennen...(vielleicht kannst du dich ja auch noch vage daran erinnern, wie ich mit Mitte 30 ausgesehen habe?!)

Dienstag, 28. April 2009

Mit dem Rad durch Rostock

Bei meinem Morgenkaffee beschließe ich, meinen Aufenthalt hier noch zu verlängern. Es ist nach wie vor super Wetter – aber Ost­wind. Da mein nächster Törn etwa 53 SM weit sein wird, brauche ich entweder günstigen Wind, oder aber gar keinen Wind (=glatte See). Das wird laut Wetterbericht erst am Wochenende der Fall sein. Es stört mich überhaupt nicht. Hier verweile ich gerne noch ein paar Tage.

Mache gegen Mittag eine mehrstündige Radtour und komme dabei so­wohl durch sehr exklusive Stadtteile Rostock - Stadthafen Ostals auch durch die Brenn­punk­te der Stadt. Rostock hat viele Gesichter. Die Innenstadt ist liebevoll restauriert worden. Obwohl die Stadt an die 200 000 Einwohner hat, ist es hier überhaupt nicht hektisch oder laut (mal abgesehen von den Haupt­ver­kehrs­straßen). Die Menschen haben hier of­fen­sicht­lich „die Ruhe weg“.

Später bezahle ich beim Segelladen die Liegegebühr für die nächsten Tage (15 € pro Nacht) und kaufe bei der Gelegenheit auch gleich noch mal ein Spezialreinigungsmittel für Fender. Abends gibt es fri­schen Spargel mit neuen Kartoffeln und Schinken – dazu einen küh­len trockenen Weißwein. Lecker!!

Montag, 27. April 2009

Wellness für Muthje

Heute ist mal wieder etwas „Wellness“ für Muthje angesagt: Es wird gründlich aufgeräumt und ausgemistet und geputzt, Leergut wird ent­sorgt, die nächsten Stellen am Steuerhaus werden geschliffen und lackiert, gebrochene Scharniere werden ausgewechselt und Leisten werden angeschraubt. Wenn man Zeit hat und dann auch noch das Wetter schön ist, macht einfach alles Spaß. Die Zeit vergeht im Nu. Auch das Schiff ist nach diesen Aktivitäten um Jahre verjüngt. Damit wäre bewiesen, dass man die Zeit zurückdrehen kann....

Zwischendurch gehe ich immer mal wieder auf einen Kaffee oder zum Einkaufen in die Stadt (der Marktplatz ist nur etwa 10 Minuten vom Hafen entfernt). Hier lässt es sich wirklich gut leben! Abends wird lecker gekocht. Anschließend mache ich noch eine kleine Tour mit dem Rad entlang der Warnow (Fett verbrennen).

Sonntag, 26. April 2009

Aphrodite in Rostock

Schwesternschiff Lee im Rostocker Stadthafen Ost
Schwesternschiff Lee im Rostocker Stadthafen Ost

Schlafe heute aus und vertrödel den Vormittag an Bord. Später geht es in die Stadt – Fußgängerzone rauf und runter. Hier gibt es viele nette Läden, und ich könnte Geld ohne Ende ausgeben, aber ich halte mich zurück.

Nachmittags fahre ich mit dem Rad zum Tri­ho­tel. Dieses Hotel hat einen Wellness-Bereich und hat bei Stiftung Warentest mit „sehr gut“ ab­ge­schnit­ten. Ich buche für morgen das Ar­range­ment „Schön, wie A­phro­di­te“. „Aphro­di­te, die Göttin der Liebe und der Schönheit, die aus dem Schaum des Meeres Geborene, ist die gro­ße Verführerin der Antike (...).“ Das Ar­range­ment beinhaltet: Tageskarte für die Bade- und Well­ness­land­schaft, Ba­de­man­tel und Badetücher zur freien Verfügung, Meer­salz­peeling für sei­den­wei­che Haut, Aromaöl-Teilmassage, intensive Ge­sichts­be­hand­lung für einen strahlenden Teint, Maniküre mit Lack und Massage, Pe­di­küre mit Lack, Fruchtcocktail an der Vitalbar!!! Ich freue mich schon sehr auf morgen!

Am frühen Abend klingelt das Handy. Eine mir un­be­kannte Nummer ist auf dem Display....Es ist der Brückenwärter von Kiel! Er wollte sich erkundigen, wo ich bin und wie es mir geht. Abends höre ich Radio und beginne, meinen im Kanal gestrickten Pulli zusammenzunähen. Ach ja: Habe heute zum ersten Mal „Delta Papa“ empfangen und die Gas­fla­sche gewechselt.

26.04.2009:

Dieser Tag war nicht zu toppen. Bin jetzt um Jahre verjüngt!!

Donnerstag, 23. April 2009

Eine Schwester für Muthje

Ein sonniger Tag! Lege gegen zehn Uhr ab. Setze gleich Großsegel und Besan. Ich muss erst noch ein paar Gefahrentonnen beachten Ansteuerungstonne vor Rostockbevor ich Kurs auf Rostock (ca. 155 Grad) nehmen kann. Vor Nystaed steht ein Offshore – Windpark mit etwa 80 Windmühlen. Setze später die große Fock hinzu. Motor aus; jetzt wird gesegelt! Muthje schafft bis heute bis zu 6,2 Knoten. Es ist ein ab­solut herrliches Segeln! Erreiche die An­steuer­ungs­tonne vor Rostock gegen 16.30 Uhr. Der Wind hat inzwischen nachgelassen. Ich berge die Fock und mache den Motor an. Hier steht eine ordentliche See; ich werde noch mal richtig „durchgewellt“.

In Rostock gibt es jede Menge Häfen. Ich entscheide mich für den Stadthafen Ost. Komme gegen 19.00 Uhr dort an. Glücklicherweise gibt es hier Fingerstege, so dass das Anlegen kein Problem ist. Lege neben dem Schwes­tern­schiff „Lee“ an. Wenig später kommt Bernd – ein Bekannter des Eig­ners – zu mir an Bord. Telefoniere mit Sigi (dem Eigner) und darf mir das Schiff sogar von innen angucken. Bernd lädt mich auf ein Bier (es wurden ein paar mehr) in die nahe ge­le­ge­ne urige Hafenkneipe ein. Ein netter Abend! Rostock gefällt mir auf Anhieb. Hier werde ich eine Weile bleiben. Skipperin und Schiff brauchen mal eine Fahrpause und etwas mehr Pflege...

Mittwoch, 22. April 2009

Nur weg

Wache früh auf. Ein Blick aus dem Fenster verrät mir: Das Wetter ist umgeschlagen; alles grau in grau. Verkrieche mich noch mal unter meiner Bettdecke und schlafe noch ein Weilchen. Später besorge ich mit dem Fahrrad Diesel und Lebensmittel. Frühstücke in aller Ruhe.

Das Wetter hat sich weiter verschlechtert. Inzwischen nieselt es auch noch. Ich will trotzdem hier weg und lege um 13.00 Uhr ab. Ein ganz gutes Gefühl habe ich dabei nicht. Aber ich möchte zumindest schon mal die Brücke passieren. Unmittelbar danach gibt es einen Anleger. Bis dahin kann ich immer noch überlegen, ob ich zunächst die weitere Wetterentwicklung abwarte.

Die Brücke öffnet recht schnell. Soo schlimm ist das Wetter auch gar nicht. Der Himmel macht heute einfach nur eine düstere Stimmung. Die Fahrt durch den südlichen Teil des Sunds erfordert schon einige Konzentration. Es ist sehr flach hier, links und rechts des Fahr­was­sers liegen Steine. Das Fahrwasser selbst ist sehr kurvenreich. Einige Male zeigt das Echolot nur noch 80 Zentimeter an, und mir stockt der Atem! Zehn Zentimeter weniger, und ich würde „sitzen“. Mit einem tiefer gehenden Schiff würde ich diesen Sund nicht befahren. Es geht aber alles gut; selbst der Himmel erhellt sich wieder.Hafen Nystäd
Erreiche gegen viertel vor fünf Nysted. Hier sieht es gleich sehr viel netter aus! Schaue mir den Ort an und hole noch einen Kanister voll Diesel. Später treffe ich glücklicherweise auch noch den Ha­fen­mei­ster. Nun habe ich auch eine Duschmarke. Wie schön! Morgen möch­te ich wieder zurück nach Deutschland. Ziel ist Rostock.
NystädNystäd

Dienstag, 21. April 2009

Sinneswandel

Wieder herrliches Wetter! Lese erst mal in Ruhe mein Buch zu Ende. Mache anschließend noch mal eine Radtour über die Insel, in der Hoffnung, einen Bäcker zu finden. Wieder das gleiche, wie gestern Abend schon: (Fast) keine Menschen. Ab und zu sehe ich mal einen Bauer auf einem Trecker, ganz selten mal einen Menschen im Garten, aber das war es dann auch schon. Unterwegs „begegnet“ mir am Straßenrand ein Rasenmäher – ohne Mensch dran!! Unglaublich!
Insel FemöInsel FemöInsel Femö

Was ich gestern noch reizvoll fand, nervt mich heute total. Das ist mir einfach zuviel an Einöde und Einsamkeit. (Ich glaube, ich bin heute ein bisschen gereizt.) Ich kehre wieder an Bord zurück. Einen Bäcker habe ich nicht gefunden und der einzige Lebensmittelladen scheint am Hafen zu sein. Dieser hat nur alle zwei Tage für ein paar Stunden auf, und heute ist er geschlossen.
Insel FemöKirche auf Femö

Ich beschließe, die Insel zu verlassen. Lege um 12.40 Uhr ab (4306 MS). Mache noch einen Abstecher nach Fejö, in der Hoffnung, dort Diesel zu bekommen. Am Hafen gibt es zwar eine Zapfsäule; aber das Hafenkontor hat geschlossen. Also lege ich wieder ab, setze das Großsegel hinzu und nehme Kurs auf den Guldborg Sund. GuldborgsundErreiche die Guldborg-Brücke um 18.00 Uhr. Sie öffnet sofort, und ich fahre weiter bis nach Nyköbing. AbenddämmerungHier brauche ich vier Anläufe, um anzulegen. Schließlich kommen mir zwei Männer zur Hilfe (ich glaube, der eine von den beiden hatte Angst um sein Schiff). Jetzt klappt es endlich. Muthje hat nun allerdings eine Schramme mehr. Später begreife ich, warum es so schwierig war: Der Steg war einfach drei Meter zu kurz.

Der Hafen von Nyköbing ist pottenhässlich! Ich mache nicht mal ein Foto, so scheußlich finde ich es hier. Ringsherum Hochhäuser und Baustellen. Hier bleibe ich nicht länger als notwendig. (Ich glaube, jetzt bin ich nicht mehr nur gereizt, sondern schon fast schlecht gelaunt...)

Montag, 20. April 2009

Zwischenstopp auf „Lummerland“

Sundbrücke
Lege um 9.30 Uhr ab (4306 MS). Es ist sonnig und windstill; die See spiegelglatt. Das wird wohl heute nichts mit segeln. Auch nicht so schlimm. Dann lese ich eben mein Buch weiter. Ist gerade richtig spannend (Die Täuschung von Charlotte Link). Bei diesem Wetter fährt Muthje nahezu alleine. Ich muss nur hin und wieder den Kurs korrigieren. Außerdem scheine ich ohnehin wieder mal die einzigste zu sein, die unterwegs ist.

Motore 35 SM und erreiche Femö – eine Miniinsel nordöstlich von Lolland - gegen halb sieben. Hafen FemöBeim Einlaufen in den kleinen Hafen traue ich meinen Augen kaum. Hier liegen noch zwei kleine Fischerboote, ansonsten ist der Hafen leer. Auch Menschen sind nirgends zu sehen. Das ganze wirkt romantisch und zugleich gespenstisch. Aus Spaß probiere ich mal als erstes, ob ich hier wohl einen Internetzugang bekomme. Ich rechne überhaupt nicht damit und werde eines Besseren belehrt: Der Hafen hat Internet, und das auch noch umsonst! Na, so was...

Diese Insel möchte ich mir erst mal anschauen. Schnappe mir mein Rad und fahre los. Hasen und Fasane kreuzen meinen Weg. Men­schen sehe ich keine, obwohl hier genügend Häuser stehen. Wo sind die bloß alle? Die Insel könnte auch „Lummerland“ heißen. Die Land­schaft ist hügelig; es gibt nur ganz schmale Straßen, und nach einer Drei­vier­tel­stunde habe ich die Insel einmal komplett umrundet. Wirklich sehr niedlich!

Gehe nach der Radtour noch duschen Hafen Femö(sie sind seltsamerweise geöffnet – wer hat das denn gemacht?), surfe noch ein wenig im Netz und falle dann in die Koje. Überlege noch, ob ich hier nicht einen Tag bleiben möchte. Ich könnte bei dem Wetter gut noch ein wenig am Steuerhaus arbeiten.

Sonntag, 19. April 2009

Kursänderung Nyborg

Stehe um halb sieben auf. Der Wind weht schon recht kräftig. Wird wohl nichts mit Wellen überlisten. Lege um kurz nach sieben ab und setze gleich die alte, kleine Fock (sie steht überhaupt nicht) und den Besan. Mache den Motor aus. Ich will jetzt endlich mal nur segeln – egal wie weit ich komme. Mache im Schnitt mit den beiden kleinen Segeln immerhin 3,5 Knoten.

Anfangs sind die Wellen noch nicht so hoch; ich kann das Steuer immer mal für eine Zeitlang mit einer langen Schraube festsetzen. Später sind sie dann wieder da, die fiesen Ostsee-Hackwellen. Sie schmeißen Muthje mitunter hin und her; wieder mal purzelt alles durcheinander. Trotzdem macht es richtig Spaß zu segeln.

Es sind südliche Winde, und ich segele bis kurz vor die „Große Belt Brücke“, um danach Kurs auf die Insel Agersö zu nehmen. Dummer­weise dreht der Wind auf Südost. Um nach Agersö zu kommen, müsste ich genau gegen an. Dazu habe ich überhaupt keine Lust. Deswegen ändere ich meinen Kurs Richtung Nyborg. Jetzt habe ich „Raumschots“. Setzte noch das Großsegel hinzu. Muthje macht jetzt sechs Knoten Fahrt! Ich bin begeistert!

Erreiche um viertel vor eins den Hafen. Finde ein schönes Plätzchen im Osthafen. Da ich wieder einmal „ungefrühstückt“ losgefahren bin, habe ich nun einen Mordshunger. Ich mache mir einen dicken, fetten Bananenpfannkuchen. Pfannkuchen kann wirklich sehr lecker sein, wenn man richtig Hunger hat!Bin etwas erschöpft und mache erst mal ein kleines Mittags­schläf­chen. (Alleine segeln ist eben doch auch anstrengend.) Später schaue ich mir die Stadt und den Yachthafen an. Abends: lesen, weitere Tour planen, Schiff aufräumen.

Samstag, 18. April 2009

Svendborg Sund

Lege um halb elf ab. Der Wetterbericht hat zwei bis drei Windstärken angesagt. Es scheint mir aber doch mehr zu sein. Setze Besan- und Großsegel und lasse den Motor mitlaufen. Fahre durch den Svend­borg Sund. Die Landschaft ist hier sehr malerisch: leicht hügelig, teil­weise bewaldet.
Fahrt durch den Svendborg SundKaum bin ich aus dem Sund heraus, erwarten mich schon wieder die ollen Wellen. Ich muss erst mal eine Weile gegen Wind und Wellen fahren, bis ich den etwas günstigeren Nord-Ost-Kurs fahren kann. Schaffe die 15 Meilen in knapp 5 Stunden. (Noch nicht wirklich der Hit, aber immerhin schon etwas besser, als die letzte Tour.)
Fahrt durch den Svendborg SundLege im kleinen alten Hafen an. Hier ist es verflucht eng; aber der Hafen ist einigermaßen windgeschützt, so dass ich gut manövrieren kann. Schaue mir Lundborg an; viel gibt es hier allerdings nicht zu sehen. Eigentlich wollte ich noch die nötigsten frischen Lebensmittel einkaufen. Allerdings habe ich vergessen, dass Samstag ist. Pech gehabt. Plane die nächsten möglichen Ziele, lese endlich mal wieder (ich kann es noch!) und gehe früh in die Koje. Morgen will ich die Wellen überlisten und rechtzeitig losfahren, wenn sie noch schlafen.

Freitag, 17. April 2009

Svendborg

Svendborger Hafen
Wache zeitig auf. Es ist sonnig aber recht kalt. Also erst mal Kaffee kochen, Ofen an und dann ab unter die kuschelige Wolldecke. Gucke mir – Kaffee schlürfend – die Seekarten an und überlege mir die näch­sten möglichen Ziele. Auf meiner nächsten Tour werde ich mit Sicher­heit besser vorbereitet sein und mich nicht auf den Wetterbericht des Hafenmeisters verlassen!

Nach dem Kaffee klare ich erst mal das Schiff auf. Drinnen ist einiges durcheinander gepurzelt; draußen habe ich alles stehen und liegen lassen. Nachdem ich eine erste Ordnung geschaffen habe, gucke ich mir die neue sanitäre Schwimmbrücke an. Hier gibt es einen Kas­sen­auto­maten, an dem man sein Hafengeld bezahlen muss. Das habe ich gestern nicht gewusst, und somit zahle ich nur für heute nacht (bin ja gestern auch erst spät angekommen).

Svendborger HafenIn Dänemark ist alles recht teuer (Hafengeld bisher 17 bzw. 20 Euro). Aber auch Lebensmittel kosten hier mehr als in Deutschland. Daher kaufe ich hier nur das Notwendigste an frischen Lebensmitteln; an­sonsten lebe ich von meinen Vorräten. Aber das Ein­kau­fen in fremden Län­dern ist auch ein Ver­gnü­gen, weil man sich überhaupt nicht aus­kennt und es viele fremde Dinge zu erkunden gibt.

Mache mich gegen Mittag auf in die Stadt zum Tourismusbüro. Hier hat man 15 Minuten Internetzugang umsonst (Internetcafés scheint es hier nicht zu geben); die Zeit reicht, um Jürgen die nächsten Be­richte und Fotos zu mailen, Emails abzufragen und vor allem den Wet­ter­be­richt einzuholen. Gucke mir noch ein wenig die Innenstadt an. Wirklich kennen lernen kann man Svendborg an einem Tag ohne­hin nicht; dazu müsste ich länger bleiben. Kehre am frühen Nachmittag an Bord zurück.

Das schöne am Bordleben ist, dass es nie langweilig wird. Wenn man möchte, kann man immer etwas reparieren oder ausbessern. Svendborger HafenWenn nicht, lässt man es eben bleiben (es sei denn, man hat ein Loch un­terhalb der Wasserlinie; das würde ich zumindest sofort in Ordnung bringen). Heute lackiere ich noch mal das Steuer­haus und das Flag­gen­stöck­chen vom Verklicker, dichte provisorisch einen Was­ser­schlauch ab (der leckt recht stark; habe heute schon etwa zehn Liter Wasser aus dem Vor­schiff geholt) und räume eine Backs­kiste (wie wird das denn ge­schrie­ben?) auf.

Auffällig viele Männer schlendern den Steg entlang. (Ich liege ganz am Ende, und eigentlich ist hier kaum was los). Was wollen DIE denn schon wieder...? (Werde heute Abend vorsichtshalber meinen Finn-Dolch mit in die Koje nehmen. Brauche nicht noch mal die Erfahrung von Kiel!)

Abends probiere ich zum ersten Mal meinen „Omnia-Backautomaten“ aus. Dieser „gugelhupfähnliche“ Topf ersetzt angeblich einen Back­ofen an Bord. Mache mir einen Nudelauflauf. Und tatsächlich: Das Ding funktioniert. Wirklich genial! Ich glaube, dieses ist mein erster Auflauf (nach 42 Jahren) auf diesem Schiff.

Donnerstag, 16. April 2009

Tschüs Marstal

Habe mir den Wecker auf Viertel vor acht gestellt. Heute fängt die Schule wieder an, und ich lege eine Gedenkminute für meine Kollegen ein. Drehe mich dann noch mal um und schlafe gemütlich noch ein wenig (fies, oder?). Vertrödel den Vormittag mit aufräumen, ein­kau­fen, Wäsche waschen, Kaffee trinken. Gucke mir die Seekarten noch mal genau an.

Inzwischen ist es 14.00 Uhr. Wirklich nachgelassen hat der Wind noch nicht. Kommt sicher noch. Das Ablegen ist bei dem seitlichen Wind nicht einfach. Es dauert eine halbe Stunde, und ich benötige dazu sieben Taue. Aber schließlich bekomme ich es hin. Svendborg ich komme!
Tschüß Marstal und Arrö
Direkt nach der Ausfahrt habe ich zunächst einen Ostwindkurs – d.h. genau gegen an. Ich bekomme jetzt schon eine leise Ahnung, was mich erwartet. Muthje macht gegen Wind und gegen Wellen lächer­liche 1,5 Knoten Fahrt. Deprimierend!! Setze das Großsegel hinzu und kreuze die Strecke bis zur Ansteuerung unter Motor ab. Später geht es dann umso schneller voran. Ich habe einen Raumschotskurs, lasse den Motor mitlaufen und mache nur unter Großsegel 6 Knoten Fahrt. Muss wohl mehr Wind sein, als ich dachte. Außer mir ist auch keiner unterwegs...

Zwischen den Inseln Drejö und Hjorto muss ich den Kurs leider wie­der ändern. Nun geht es wieder genau gegen den – sehr starken und böigen - Wind und Wellen an. Meine Durch­schnitts­ge­schwin­dig­keit beträgt 2,5 Knoten. Absolut nervig, aber nicht zu ändern. Ich finde mich damit ab, im Dunkeln anzukommen.

Um 21.30 Uhr liege ich endlich sicher im Hafen von Svendborg. Ich habe für 19 Seemeilen geschlagene sieben Stunden gebraucht. So hatte ich mir den Törn nicht vorgestellt! Ich bin todmüde und mir ist inzwischen schlecht vor Hunger. An Essen kochen war bei der Fahrt natürlich nicht zu denken. Die nächste Pizza ist MEINE! Gehe noch kurz an Land und finde in Hafennähe eine Pizzeria. Verschlinge die Pizza und falle anschließend erschöpft in die Koje.

Mittwoch, 15. April 2009

Aeroesköbing

Verabschiede mich von den dreien (ich werde noch mal ein „Ab­schieds-Profi“). Sie wollen zurück nach Arnis – das Meerschweinchen braucht Futter. Ich bleibe noch einen weiteren Tag in Marstal und unternehme eine Radtour ins 13 km entfernte Aeroesköbing. Der Ort ist wirklich sehr reizvoll! Wieder zurück an Bord bin ich ziemlich ge­schafft.
Straße in Aeroesköbing
Der Wind hat inzwischen ordentlich aufgebriest (ich musste dagegen an strampeln). Lege noch eine weitere Landleine. Trage die nächste Schicht Lack auf. Bei dem Wetter trocknet er rucki-zucki. Verbringe den Abend mit der weiteren Törnplanung. Morgen möchte ich erst einmal nach Svendborg. Der Hafenmeister sagte, dass der Wind ab morgen Nachmittag abflaut; daher müsste es gut gehen...

Dienstag, 14. April 2009

Dänemark - Klobürsten und tote Osterhasen

Letzter Tag eines OsterhasenWache um halb acht auf; habe den Wecker nicht gehört. Nun aber schnell rein in die Klamotten, wa­schen, Chipkarte abgeben, Motor an und Leinen los. Lege um 8.30 Uhr bei 4278 Motorenstunden ab. Es ist sehr diesig und Windstill.

Verlasse die Kieler Förde und bin bald im Nie­mands­land. Weit und breit kein Land in Sicht. Auch an­de­re Schiffe sind nicht unterwegs. Tuckere ge­müt­lich vor mich hin und freue mich schon auf Dänemark. Zwischendurch ermorde ich den Osterhasen.

Erreiche gegen 16.00 Uhr die Ansteuerung Marstal. Irgendwie er­in­nern mich die dänischen Tonnen an Klobürsten... Gibt es Klobürsten vor der dänischen Küste?Hier le­ge ich nun zum ersten Mal alleine in einer Box an. Da es windstill ist, klappt es gleich beim ersten An­lauf. Ich finde, ich bin heute ein richtiger „Anlege-Fuchs“.

Kurze Zeit später kommen auch Thorsten, Christine und Carolin mit ihrem neuen Schiff an. Be­grüßungs­sekt. Anschließend Grillen auf dem nahegelegenen Grillplatz. Christine hat ordentlich eingekauft. Ich steuere zu dem Gelage lediglich Salz und eine Grill­zange bei. (Werde mich bei nächster Gelegenheit mal revanchieren.)




Arrö - Christine: schön wieder einmal miteindander zu klönenArrö - Carolin: mmmh, das war leckerArrö - Thorsten: endlich wieder ein Mann der sich um das Essen kümmert

Montag, 13. April 2009

Schleifen bei „Röckchen-Wetter“

Laboe: Kaffetrinken mit Mama
Heute muss meine Mutter wieder abreisen. Sie baut sich gerade ein Haus und hat dadurch ab morgen wieder alle möglichen Termine. Fahren mit dem Bus in die Stadt. Wir sind reichlich früh und suchen uns noch ein sonniges Plätz­chen in einem Café an der Förde. Nächster Abschied. Walke zurück zum Schiff. Kleine Aufräumstunde. Dann noch mal zum Hafenmeister, da ich noch eine Nacht hier bleiben werde.

Es herrscht „Röckchen-Wetter“. Dazu bedarf es aber einiger Vor­be­rei­tung: Die Beine müssen epiliert werden – sonst geht das GAR NICHT! Mache anschließend frisch geduscht einen längeren Spa­zier­gang ent­lang der Förde. Aber irgendwie zieht es mich zurück zum Schiff. Ich habe Lust zu Schleifen!

Das Steuerhäuschen sieht ziemlich schlimm aus Abschied - der Neubau wartet nichtund muss dringend bearbeitet werden. Bin ich mög­licher­weise etwas komisch? Sollte ich nicht mit meinen frisch ent­haar­ten Beinen im Miniröckchen flir­ten­der­weise in einem Café sitzen? Egal. Muthje braucht mich. Also gehe ich zurück zum Hafen und mache mich (immer noch im Minirock) an die Arbeit. Be­ar­beite erst mal nur die allerschlimmsten Stellen. Es macht richtig Spaß bei dem Wetter!

Abends bereite ich den morgigen Törn vor. Da der Wind bis Ende der Woche aus Ost kommt und auch zunehmen soll, habe ich be­schlos­sen, über Dänemark weiterzureisen. Thorsten und Christine sind zur­zeit mit ihrem Schiff in Arnis. Wir wollen uns gerne noch treffen und verabreden uns für morgen in Marstal (Dänemark). Schaue mir die Karten an und stecke mir den Kurs ab (es sind knapp 33 SM). Nehme mir vor, früh in die Koje zu gehen, damit ich morgen möglichst früh ablege.

Sonntag, 12. April 2009

Im Laboer Fischereihafen

11.04.2009
Gratis Wäschetrocknen in Laboe
Haben uns gestern nach einem Landgang ent­schie­den, noch einen Tag in Laboe zu bleiben. Nutze morgens noch die Möglichkeit, im Jacht­ha­fen „Baltic Bay“ in Laboe eine Ma­schine Wäsche zu waschen (meine zweite Wäsche in dieser Zeit). Zahle das Hafengeld (15 Euro). Gehen in der Zwischenzeit ein wenig bummeln und einkaufen, um dann um die Mittagszeit in den Fischereihafen zu verlegen. (Es gibt in Laboe offiziell drei Häfen in zwei Becken.)
Kaffeetrinken mit Mama in Laboe
Genießen am Nachmittag sonnige Stunden bei Cappuccino, Kuchen und Eis und beobachten das rege Treiben im Hafen (hier ist es einfach le­ben­diger, als in der modernen Marina). Abends gibt`s den ersten Spargel (okay, er ist aus Griechenland – aber trotzdem lecker).

12.04.2009:

Legen morgens bei schwachem Wind ab nach Kiel-Holtenau. Stellen fest, dass die Beschreibungen der Hafenhandbücher nicht wirklich zutreffen. Die Versorgung am Steg ist gleich Null; Hafenmeister hat zu – und ansonsten ist eben einfach Ostern... (Ach ja; apropos Ostern: Wir haben gestern jeder ein neues Shirt vom Hasen be­kommen...)

Wir beschließen, nach Kiel – Düsternbrock zu verlegen; das ist der ehemalige Olympiahafen. Finden dort ein nettes Plätzchen an einem Längssteg. Kleiner Landgang an der Kieler Förde. Anschließend an­mel­den beim Hafenmeister (16,50 € mit Dusche und 24 Std. In­ter­net).

Genießen den sonnigen, warmen Nachmittag an Bord. Während Mama sich sonnen lässt, kümmere ich mich um den sehr kläglich aus­sehen­den Verklicker. Er bekommt einen neuen Wimpel; außerdem wird der Fahnenstock geschliffen und neu lackiert. Zwischendurch kommen noch unsere Stegnachbarn auf einen Plausch an Bord. Bekomme bei der Gelegenheit noch nützliche Tipps für meinen Ostseetörn. Abends gehen wir lecker essen. (Ich führe bei der Gelegenheit zum ersten Mal meine neuen blauen Schuhe aus.)

Freitag, 10. April 2009

Mama ahoi!

Meine Rettung in Kiel
Werde um halb acht durch Klopfen an Deck geweckt. Zwei Männer stehen auf dem Nach­bar­schiff: „Sie dürfen hier nicht liegen!“ Ich erkläre ihnen die Situation von gestern Abend. Sie zeigen Verständnis und sind sehr freund­lich. Verlege an die Kaimauer direkt hinter mir.

Meine Mutter kommt heute mit dem Zug an. Da der Bahnhof direkt gegenüber ist, möchte ich in diesem Hafen auf sie warten. Starte eine große Aufräum- und Putzaktion. Am frühen Nachmittag kommt meine Mutter an. Begrüßung, Kaffee trinken. Gehen um 15.45 Uhr durch die Brücke. Der Wind weht recht kräftig aus Südost.

Setzten das Großsegel und nehmen Kurs auf Kiel-Strande. Die fiesen Ostsee-Hackwellen bremsen das Schiff stark. Kurz vor Strande steht so viel See, dass ich Bedenken kriege, in dem Hafen anzulegen. (Dort gibt es nur einen Steg, bei dem es gut gehen könnte. Wenn der be­setzt ist, würde es sehr schwierig werden.) Also entschließen wir uns, nach Laboe zu fahren. Der Hafen liegt geschützter an der Ost­sei­te der Kieler Förde. Erreichen Laboe gegen 18.00 Uhr.

Donnerstag, 9. April 2009

Schattenseiten

Mache den ganzen Vormittag nichts außer Kaffee trinken, duschen und Sonne genießen. Gehe mittags noch mal kurz ins Internetcafé (Berichte für die Homepage meinem Schwager Jürgen mailen – er setzt sie dann ein; ich kann das immer noch nicht). Lege um 13.00 Uhr ab; Ziel ist Kiel.

Das Ausschleusen ist genauso unproblematisch wie das Einschleusen (Kanalgebühren betragen 12 Euro). Möchte in Kiel in den Germania­hafen; das ist praktisch das allerletzte Ende der Kieler Förde und liegt in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs. Dieser Hafen wurde im Hafen­führer ganz nett beschrieben. Außerdem hat er den großen Vorteil, dass man dort an der Kaimauer festmacht. (Üblich sind in der Ostsee eher Boxen mit Pfählen, und ich habe bisher noch keine Idee, wie ich DAS alleine hinkriegen soll?). Ich telefoniere mit dem Brückenwärter; er macht mir unverzüglich auf. Finde ein schönes Plätzchen nahe der Brücke.

Wie sich bald zeigt, ist dieser Hafen für alleinreisende Frauen nicht empfehlenswert. Denn: Nicht nur ich finde dieses Plätzchen schön. Hier tummeln sich auch jede Menge Punker und die „Schwarz-Geklei­deten“ (wie nennen sie sich noch? Früher hießen sie „Grufties“). Es ist noch früh am Abend, der Alkoholpegel der Gruppe scheint noch nicht so hoch, und NOCH ist alles friedlich. Ich beobachte das Treiben eine Weile, sehe viele freundliche, aber eben auch einige eher „verschlagene“ Gesichter. Möchte gerne noch kurz an Land gehen. Zum ersten Mal verschließe ich das Schiff (das habe ich noch nicht mal in Hamburg gemacht).

Komme nach einer guten Stunde zurück. Der Alkoholpegel der Gruppe ist merklich gestiegen. Ich bin noch nicht lange an Bord, da pinkelt mir der erste demonstrativ vor meinen Augen vor das Schiff. „Oh je! Was das wohl noch gibt?“ Ich gehe nach unten und mache mir etwas zu essen.

Im nächsten Moment höre ich Schritte an Deck. Zwei der Typen sind an Bord geklettert. Einer liegt lässig hinten an Deck; ein weiterer sitzt auf dem Dach. („Bläst du mir einen?“) Ich habe gerade Messer und Gabel in der Hand und gehe an Deck. Ich hab Angst und bin gleich­zeitig ziemlich wütend.

Es gibt einen kurzen Wortwechsel; von oben werden die beiden von einem Dritten zurückgepfiffen. Dieser entschuldigt sich bei mir. So nach und nach löst sich die Gruppe auf. Es geht zum Feiern in die Stadt. Das ist ja noch mal gut gegangen! Mir ist dennoch nicht ganz wohl bei dem Gedanken, die Nacht über hier zu bleiben. (Was ist, wenn sie heute Nacht zurückkommen?). Aber: Ich kann hier nicht mehr weg. Die Brücke ist zu.

Ich könnte zur Sicherheit mitten im Hafenbecken ankern; aber ich bin nicht wirklich ein Anker-Freak. Nach einiger Überlegung entschließe ich mich, an einer kleinen Fähre (oder vielleicht ist es auch ein Schlepper?) anzulegen. Das ist mit Sicherheit absolut verboten, aber es ist auch der sicherste Platz, denn diese Schiffe sind durch eine Pforte von der Kaimauer getrennt. Ich kann dann zwar nicht mehr von Bord, aber es kann umgekehrt auch keiner zu mir an Bord. Verlege im Dunkeln.

Mittwoch, 8. April 2009

Hallo? Die meistbefahrene Wasserstraße der Welt!?

Lege um 6.35 Uhr (3 ½ Stunden nach HW) ab. Die Sicht ist mi­se­ra­bel – aber ich habe ja einen Plotter. Es weht kaum Wind in diesen frühen Morgenstunden; daher ist die Elbe sehr ruhig und ich komme mit 7 Knoten gut voran.

Erreiche die Einfahrt Brunsbüttel Schleuse um halb neun. Nun wird es spannend! (In meinen „Horrorvorstellungen“ sehe ich Klein-Muthje ein­gezwängt zwischen zwei riesigen Containerschiffen in der Schleu­se liegen...). Ich funke auf Kanal 13 die Schleuse an, bekomme aber keine Antwort. Also fahre ich direkt auf die geöffnete Schleuse zu. Das Signal (weißes Blinklicht) sagt mir, dass ich hineinfahren darf, aber irgendwie erwarte ich die ganze Zeit, dass ich gleich einen Mega-Anpfiff aus dem Tower kriege. Ich lege in der Schleuse an; ich bin das einzigste Schiff; all meine Befürchtungen hätte ich mir spa­ren können. Das Ganze war reichlich unspektakulär (was mir auch ganz lieb war).

Ich verlasse die Schleuse und beginne meine Kanalfahrt. Der Kanal ist stumpf. Dafür, dass dies die meistbefahrendste Schifffahrtstraße der Welt sein soll (oder versehe ich mich gerade?), ist hier reichlich wenig los. Dann und wann begegne ich mal einem Containerschiff, eher selten einem Sportschiff; über weite Strecken befahre ich den Kanal alleine. Da der Wind im Laufe des Tages zunimmt, setzte ich das Großsegel hinzu.

Ich habe heute ganz viel Zeit zum Lesen, mit dem Plotter spielen, Stricken, Kaffee trinken, vor mich hin träumen (mitunter fahre ich auch ein wenig Zick-Zack Kurs, weil ich mich nicht wirklich kon­zen­trie­re). Da das Wetter wirklich klasse ist, setze ich mich zwi­schen­durch auch über weite Strecken nach draußen und steuere mit dem Schrubberbesen (eine über lange Jahre von meinem Vater erprobte Methode).

Erreiche Rendsburg um 17.45 Uhr. Hier lege ich rückwärts bei ab­lan­digem Wind an (das war Premiere und ziemlich gut gelungen). Eine nette Hafenmeisterin nimmt mich in Empfang. Gehe gleich mit ins Büro, um mein Hafengeld zu zahlen (17 Euro mit Strom und Dusche ohne Internet). Rendsburg scheint ein ganz netter Verein zu sein. Hier liegen auch noch viele Schiffe älteren Datums, und die Men­schen sind durchweg freundlich.

Die Stadt Rendsburg ist eine merkwürdige Mischung aus gut er­hal­te­nen alten Gebäuden, kopfsteingepflasterten Plätzen und etlichen Bausünden. Insgesamt reißt mich der Stadtkern nicht vom Hocker. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich einfach nur todmüde bin nach dem frühen Aufstehen und der elfstündigen Fahrt.

Dienstag, 7. April 2009

Querstrom


Gehe erst mal zum Hafenmeister (30 Euro mit einmal duschen, Strom und unbegrenzt In­ter­net). Danach duschen, frühstücken, auf­räu­men. Da ich erst gegen 16. 00 Uhr ablegen muss, habe ich noch genügend Zeit für einen Landgang. Laufe an den Landungsbrücken entlang Richtung Hafenstrasse, zurück durchs Portugiesenviertel. Kaufe noch das Nötigste ein, und dann geht es zurück an Bord.

Lege um 15. 45 Uhr ab. Ziel ist Glückstadt. Es ist sonnig, warm und schwach­windig. Setze trotzdem zwischenzeitlich bei raumschoten Winden die Fock (sie bringt etwa 0,7 Knoten zusätzlich zum Motor); irgendwann schläft der Wind ganz ein. Tuckere bei glattem Wasser vor mich hin.

Kurz vor Stade ändert sich das Wetter in­ner­halb weniger Minuten. Es kommt Wind auf – und zwar genau von vorne. Schnell baut sich auch ein wenig Seegang auf; die Fahrt ver­min­dert sich von 7 auf 5 Knoten. Ich fahre in die Dunkelheit hinein. Mit Kartenplotter nicht wirk­lich ein Problem. Komme gegen 21.00 Uhr in Glückstadt an.

Anhand der Hafenhandbücher und „Google Earth“ hatte ich mir schon ein paar günstige Möglichkeiten zum Anlegen ausgesucht. Diese Plätze sind leider schon besetzt. Was nun? Klaas hatte mich vor­ge­warnt; in diesem Hafen gibt es fiese Querströmungen“. Das Anlegen ist im Außenhafen nicht einfach. Ich starte dennoch einen Versuch, an einen Fingersteg zu kommen. Dabei kann ich noch mit Mühe und Not einen Crash mit einem ziemlich teuer aussehenden Trimaran abwenden. Mir schlottern die Knie (Das hatte ich schon lange nicht mehr. In den ersten Jahren habe ich immer mit zitternden Knien angelegt.)

Ich möchte keinen zweiten Versuch mehr wagen, zumal es schon fast ganz dunkel ist; daher lege ich an einer Schute an. Das Ma­nö­ver ist auch nicht so ganz einfach, da die Schute durch diverse Aufbauten schwer zugänglich ist. Ich bin froh, dass ich einen Poller zu packen bekomme. Den Rest erledige ich in aller Ruhe. Das war bisher mein scheußlichstes Anlegemanöver. Inzwischen ist es 22.00 Uhr. Ich bin ziemlich erschöpft, und mir graust es schon vor der Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals...

Montag, 6. April 2009

Wer braucht schon rote Pumps?

Heute will ich Geld ausgeben. Mein Konto sieht ge­ra­de nicht so gut aus, und dann geht das (zu­min­dest bei mir) besonders gut! Lasse mir morgens Zeit, um mich seelisch auf dieses lang ersehnte Event ein­zu­stim­men. Gegen elf Uhr geht es ´gen Innenstadt.

In Hamburg gibt es sehr viele ... Hamburger; ... und auch andere Menschen. Es ist hier das absolute Kon­trast­programm zu den ersten Wochen auf den ost­friesischen Inseln. (Ich verkrafte es nur schwer...)

Gucke mich erst mal ca. zwei Stunden „warm“. Am liebsten hätte ich rote Pumps (die brauche ich nämlich überhaupt nicht; eigentlich habe ich sowieso alles, was ich brauche). Es gibt hier sehr, sehr viele Schuhe; aber eben nicht DIE roten Pumps, die mir vor­schwe­ben. Finde aber bald eine schöne blaue Alternative und schlage zu. Nun bin ich „enthemmt“ und beschließe, die Wirtschaft anzukurbeln. Kaufe hier und da ein paar nette Sommerteilchen und bin nach weiteren drei Stunden ziemlich erledigt. Also erst mal zurück zum Boot. Kleine Mittagspause.

Am späten Nachmittag mache ich mich noch mal auf zum „Portugiesenviertel“. Dort habe ich vor zwei Jahren ein tolles Shirt gesehen und nicht gekauft, weil es nicht gerade gün­stig war. Ich habe es nie vergessen, und jetzt will ich es haben!! Finde den Laden sofort wieder und kaufe das Shirt. Wo ich schon mal gerade unterwegs bin, geh ich auch noch auf die Reeperbahn. Hier gibt es etliche Läden mit diversem „Zubehör“...

Ich bin schon auf dem Rückweg, da komme ich noch an einem Schuh­geschäft vorbei (auf der Reeperbahn gibt es die schrillsten Schuhe in ganz Hamburg). Werfe nur noch kurz einen Blick her­ein...und schon passiert es...mir laufen ein Paar rote Pumps zu. Sie sagen „Mama“ zu mir.... Da kann ich sie doch nicht einfach stehen lassen! Ich probiere sie an. Neben mir probiert ein älterer Mann genau die gleichen Pumps an (ist eben Reeperbahn). Die Schuhe passen und wollen bei mir sein. Gekauft! (Der Mann hat sich dann doch für ein paar silberne Schnürstiefel mit hohen Absätzen entschieden.)

Nun aber schnell an Bord; mein Budget ist mehr als ausgereizt. Aber es tut mir überhaupt nicht leid. Ich kann mich sehr darüber freuen! Wieder an Bord angekommen, beginne ich, den unerschöpflichen Vorrat an Schrauben, Bolzen, Muttern, Unterlegscheiben usw. zu sortieren. Denn: Auch Muthje hat was Neues bekommen – nämlich einen Sortierkasten! (Sie freut sich!)

Abends kommt Klaas noch vorbei. Er hat auch noch zwischendurch die Daten meiner alten Festplatte gerettet Diese werden jetzt auf mein Notebook geladen. Es wird ein kurzweiliger Abend.